BULGARIEN
Eine
Zeitreise zu mir selbst.
Wieso
Skitouren in Bulgarien?...wir habe doch mehr als genug Möglichkeiten hier in
der Schweiz…ein etwas unverständliches, leichtes Kopfschütteln… ein
freundliches, verlegenes Grinsen ohne weiter Worte…
Das
sind Reaktionen auf mein bevorstehendes Skitourenziel Bulgarien.
Seit 40
Jahren gehe ich auf Skitouren, seit Beginn fasziniert mich die Ruhe und Stille
die die verschneite Bergwelt ausstrahlt. In dieser archaischen, einsamen
Bergwelt unterwegs zu sein, für sich und die Gruppe Verantwortung zu übernehmen
und eigenständig Entscheidungen zu treffen ist für mich persönlich eine der
wertvollsten Erfahrungen die ich machen kann und mich als Mensch
weiterentwickelt. Heute
sind mir irgendwelche Gipfelnamen nicht mehr so wichtig – viel mehr suche ich
mir Gebiete aus in denen sich noch abgeschiedene, unverfälschte und ruhige
Natur finden lässt.
In den
letzten Jahren mit dem stark zunehmenden Skitouren-Boom wurde es immer
schwieriger solche Gebiete noch zu finden. In der zunehmend globalisierten Welt
lässt sich in einschlägigen Foren locker herausfinden wo im Moment noch fast
unverfahrener Powder ist und wo sich die ultimativen Geheimtipps befinden – die
dann schon bald keine mehr sind! Konsequenterweise
sollte ich hier eigentlich meinen Artikel beenden...
Meine
permanente Neugier auf unbekannte, neue Gebiete und diese Gedanken waren die
Triebfeder ausserhalb der Schweiz und der Alpen nach neuen Skitourengebieten zu
suchen, verbunden auch mit der Idee neue Länder, Kulturen und deren Menschen kennen
zu lernen.
Im März
1998 war ein Artikel in den Alpen (Clubzeitschrift des Schweizer Alpen-Club
SAC) über eine Skitourenreise nach Bulgarien! Damals wusste ich sehr wohl dass
es in Bulgarien Berge gibt aber dort Skitouren zu machen, dieser Gedanke war
mir bis dahin völlig fremd.
Die
Bilder vom tiefverschneiten Gipfelgrat am Musala mit dem Blick in die weiten
Ebenen in Norden davon zogen mich derart in den Bann und lies mir keine Ruhe
mehr.Neue, andere Projekte kamen und konnte ich realisieren. Aber immer wieder kam das Thema Bulgarien – es sollte noch dauern!...
Bekanntlich ist Bergsteigen ja nicht das schnelle Glück und brauch oft viel Geduld!
Dienstag 13, Februar 2018, 13.15 Uhr Gipfel des Musala, mein Blick schweift über die sanften Kuppen des Rila-Gebirges, weiter nach Süden irgendwo in den Wolken zeichnen sich ein Teil der Berge des Pirin-Gebirges ab. In meinen Augenwinkeln spüre ich ein paar Tränen!.. diese sind nicht vom Wind…
Nach zwei Tagen Skitouren wo wir im Nebel stecken geblieben sind, schien heute Morgen endlich die Sonne. Vom höchsten Punkt des Skigebiets von Borovets sind wir zu Gipfel des Musala aufgestiegen und geniessen nun die weite Sicht vom höchsten Berg Bulgariens und aller Balkanländer.
Dank Maia Stoilova, unserer Bulgarischen Führerin, finden wir Unterschlupf in den Räumlichkeiten der Wetterstation und werden vom Personal zu Tee eingeladen.
Eine wunderbare Geste der Gastfreundschaft, die wir auch angesichts des doch recht bissigen Winds draussen, sehr gerne annehmen.
Wie so oft, die Abfahrt geht viel zu schnell vorbei! Maia findet zielsicher die besten noch nicht verfahrenen Pulverhänge, unten tauchen wir ins Skigebiet mit gefährlich vielen, unberechenbaren Skifahrern, am Schluss auch noch in den Nebel ein.
Give me a five, Maia! - heute hat alles gepasst!
Heute
ist Kulturtag. Maia zeigt uns in Samokov eine sehr schöne Kirche, besonders bemerkenswert sind die holzgeschnitzten Ikonostase. Die Malereien wurden von
Künstlern geschaffen, die die über hundertjährige Tradition der Kunstschule von
Samokov fortsetzen, erklärt uns Maia.
Danach fahren wir zu dem berühmten Kloster von Rila,
welches zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Der Winter verleiht dem Ort die
würdige, andächtige Ruhe und verleiht ihm auch eine gewaltige Mystik.Nachdem wir in einem nahe gelegenen Restaurant noch eine feine Forelle genossen haben, erreichen wir am späteren Nachmittag Bansko am Fuss des Pirin-Gebriges
Maia ist gewaltig gefordert, hier hat es m Gegensatz zum Rila-Gebirge viel mehr geschneit und das begleitet von stürmischen Winden. Die geplante zwei Tägige Überschreitung im Pirin-Gebirge steht auf wackligen Füssen!..
Bei Apèro in der Hotel-Lobby erklärt uns Maia das Programm der nächsten zwei Tage! Verheissungsvoll und perfekt auf die Verhältnisse abgestimmt – „Freude herrscht!“
Den Abend verbringen wir in einem traditionellen bulgarischen Restaurant.
Bei viel Fleisch, gutem Wein und Live Musik feiern wir Martins Geburtstag.
Der halbe Balkan trifft sich in Bansko zu Skifahren – entsprechend sind die Menschenmengen die sich in diesem Skigebiet tummeln. Maia kennt die Hintertürchen im Skigebiet und schon bald sind wir zuoberst am Fuss des Todorka.
Bevor wir zu Fuss auf den Gipfel des Todorka steigen, gehen wir in den tiefverschneiten Wäldern auf zwei Freerider-Abfahrten.
Ich bekommen den Eindruck Maia kennt jeden Baum persönlich mit Namen!...jedem von uns weist Sie eine persönliche Schneise mit unverfahrenem Pulverschnee zu.
Nach dem wir die doch recht steile Magic Forest-Abfahrt hinter uns haben wir es Zeit wieder an den höchsten Punkt im Skigebiet zu kommen.
Hier beginnt unsere Überschreitung des Todorka und die anschliessende Abfahrt zur Demyanica-Hütte. Die Skis auf dem Rucksack gebunden und die Steigeisen an den Füssen bewältigen wir den landschaftlich und alpinistisch sehr reizvollen Nordgrat zum Todorka. Das Panorama das sich im schönsten Licht des Winternachmittags auf dem Gipfel auftat war schlicht überwältigend. Vor kurzen noch im Rummel der Zivilisation gingen die Blicke in zahlreiche grosse Geländekammern ohne jegliche Spuren von Zivilisation, nicht eine einzig Skisspur war auszumachen.
Wir begannen mit der Abfahrt zur Demyanica-Hütte, ich weilte noch einen Moment am Gipfel um im schönen Licht noch ein paar Bilder unserer Gruppe zu machen.
Mit jedem Schwung den wir tiefer kamen nahm die Einsamkeit zu und der Pulverschnee wurde lockerer und tiefer!...hier hatte der Wind weniger Einfluss.
Die Schlussabfahrt zur Demyanica war für mich der Höhepunkt eines unglaublichen Skitourentages. Selbst nach 40 Skitourensaisons mag ich mich an keine so schöne Waldabfahrt erinnern.
Die Demyanica-Hütte ist eine einfache, gastliche Hütte. Geführt vom zurückhaltenden, sehr freundlichen Georgy. Wir sind die einzigen Gäste auf der Hütte, die mitten in einem grossen Skitourengebiet liegt.
Beim einfachen, aber sehr schmackhaften Nachtessen, erfahren wir interessante kulinarische Details. Zur Suppe wird in Essig eingelegter, geraffelter Knoblauch gereicht. Das gibt der Suppe eine ganz gute Geschmackskomponente. Zum anschliessenden Salat, der aus in Essig eingelegtem Gemüse besteht, gibt es nach bulgarischer, Tradition einen Rakija (Schnaps). Der Hauptgang ist von einem feinen bulgarischen Wein begleitet. Ein gemütlicher Abend geht so dem Ende entgegen. Der Blick vor der Hütte in den Sternenhimmel lässt uns erahnen was uns Morgen erwarten wird.
Bei Tagesanbruch verlassen wir die Demyanica-Hütte mitten
in diesem „Märchenwald“. Maia spurt im tiefen Pulverschnee zurück Richtung
Todorka, während die einsame Bergwelt langsam im goldenen Licht der aufgehenden
Sonne erwacht. Was für eine Stille und Einsamkeit – ein unglaubliches Privileg
hier unterwegs sein zu dürfen! Oben am Todorka-Sattel sehen wir in der Ferne
die ersten Menschen und ein paar wenige Skispuren. In einer steile Abfahrt erreichen
wir den oberen Teil des Vihren-Tal. Ein langgezogener Aufstieg führt zum Gipfel
des Hvoinati. Mit der aufkommen Wärme
haben sich Wolken gebildet. Maia gibt Nicole und mir „Ausgang“!... mit dem
verbleiben Zeitfenster versuchen wir noch die letzten gut 300 Höhenmeter zum
Vihren (höchster Gipfel des Pirin-Gebirges) zu bewältigen. 7 Std. und 30 Min. nach unserem Aufbruch auf der
Demyanica-Hütte, kurz nach 14.30 Uhr sind wir oben, ganz knapp über den Wolken.
Was für ein Augenblick – Zufriedenheit und Dankbarkeit über die unglaublich
schönen Momente.
Leider bleibt nicht viel Zeit wir müssen an die Abfahrt
denken und gut aufpassen im Nebel da unten keinen Fehler zu machen. Kurz vor
der Vihren-Hütte treffen wir wieder auf unserer Gruppe. Die Schlussabfahrt über
die überbevölkerte Skipiste hinunter nach Bansko ist nach den zwei einsamen
Skitourentagen einfach nur Stress pur und wohl der gefährlichste Teil der
ganzen Tour! – der Kontrast könnt nicht härter sein.
Letzter Skitourentag – Maia hat sich eine weiter Perle
für uns ausgedacht.
In einer gut halbstündigen Fahrt erreichen wir Gotse
Delchev ein kleines Skigebiet im Osten von Bansko. Obwohl es Samstag ist
herrscht hier eine beschauliche, friedliche Stimmung. Eine kalte, abenteuerlich
Fahrt mit zwei Sesselliften führt uns zur Bezbog-Hütte. Der anschliessende 3
Std. Aufstieg zum Polejan gehört zur Kategorie Genuss pur. Auf dem Gipfel
geniessen wir nochmals das fantastische Panorama über das Pirin-Gebirg, zum
Rila und Balkan im Norden, zu den Bergen Griechenlands im Süden und zu jenen
von Serbien im Westen.Hatte es im Aufstieg doch tatsächlich noch andere Skitourenfahrer und Schneeschuhläufer, geht die Abfahrt wieder in ein grosses, wundervolles Tal ohne jegliche Spuren. Ideale Hänge, nicht ganz die Schneequalität der vergangen Tage, es wäre aber völlig vermessen zu klagen. Der für Bulgarien typische „Latschenkiefer-Slalom“ führt auf den Talboden des Demyanica-Tals, schon bald sind wir wieder bei Georgy auf Demyanica. Die Schlussabfahrt durchs Demyanicatal ist rasant und lustig, den Stress auf der Piste nehme ich heute schon gelassener…
Leuchtende Tage - nicht weinen, dass sie vorüber.
Lächeln, dass sie gewesen!
(Konfuzius, chinesischer Philosoph)Ganz in diesem Sinne sagen wir am Abend auf Wiedersehen Maia!
Herzlichen Dank für Deine kompetente und herzliche Führung.
Du hast Deine Arbeit professionell, aber auch mit sehr viel Herz und Freude gemacht. Wir alle durften davon profitieren und uns an der gewaltigen, ursprünglichen Bergwelt Bulgariens freuen.
Eine solche Skitourenreise ist nicht möglich ohne Hilfe!
Der ganz besondere Dank geht an:
Manfred Inniger,
Bergführer aus Adelboden
www.die-berge-erleben.chFür seinen Beitrag auf Facebook, der mich abermals für Bulgarien inspiriert hat und seine guten und wertvollen Tipps für die Organisation der Reise
Der ganzen
Gruppe:
Esther & Martin Saunier, Nicole Saunier, Verena
Jäggin und Doris Steiger.Für den Spirit und das Mitmachen – in der doch eher ungewöhnlichen Skitourendestination Bulgarien. Den Team-Building Prozess haben wir schon vor Abflug, als unser Flug Basel – Frankfurt annulliert wurde, erfolgreich bestanden
Last but not least!
Maia Stoilova, Banskowww.oxo.bg
Wie schon oben erwähnt – Du machst Deine Arbeit mit viel Freude und das ist das allergrösste Geschenk an Deine Kunden!
Ganz
zum Schluss sein mir nochmals ein Zitat von Wilhelm Busch, das mein Vater so
gerne rezitierte, erlaubt:
„Wonach
du sehnlich ausgeschaut, es wurde dir beschieden. Du triumphierst und jubelst
laut: Jetzt hab ich endlich Frieden!
Ach,
Freundchen, rede nicht so wild. Bezähme deine Zunge! Ein jeder Wunsch, wenn er
erfüllt, Kriegt augenblicklich Junge.“